Das Wiederauftreten von Aneurysmen, die bereits interventionell verschlossen wurden, ist ein bislang nur teilweise verstandenes Phänomen, das wesentlich von der Vollständigkeit des Verschlusses mit Coils beeinflusst wird. Wie gut der Verschluss gelingt, hängt u. a. von der Größe des Aneurysmas und der Konfiguration des Aneurysmahalses ab. In Folge des Coilings kommt es häufig zu einer Kompaktierung der eingebrachten Coils. Sie verdichten sich und ändern ihre Form, sodass sie das Aneurysma nur noch teilweise ausfüllen, wodurch erneut ein Lumen entsteht.

Fallbeschreibung

Vorgeschichte

Im Dezember 2001 wurde die Patientin zur diagnostischen Angiographie bei uns vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren bei ihr erstmalig Schwindel und eine akut einsetzende Diplopie aufgetreten. Bei einer magnetresonanztomographischen Untersuchung wurde eine 2 cm große inhomogene, Hämosiderin enthaltende Raumforderung im Bereich des Basilariskopfes mit enger Lagebeziehung zum Hirnstamm nachgewiesen. Sie war von einem schmalen Ödemsaum umgeben. Eine Time-of-flight-Angiographie zeigte, dass sie vom Basilariskopf ausging (Abb. 1, 2, 3). Lage und Signalverhalten waren mit einem teilthrombosierten Basilariskopfaneurysma vereinbar.

Abb. 1
figure 1

Die initiale, native, axiale T1-gewichtete MR-Bildgebung zeigt ein Riesenaneurysma des Basilariskopfes mit perfundiertem Anteil und einem trombosierten Kopf

Abb. 2
figure 2

Die korrespondierende T2-gewichtete Aufnahme zeigt flow-voids im perfundierten Anteil und ein schmales perifokales Ödem, welches das Mittelhirn komprimiert

Abb. 3
figure 3

Dorsokaudale Ausrichtung der perfundierten Aneurysmaanteile in der MR-Angiographie

Ein Vergleich mit Voraufnahmen aus dem Jahre 1996 deckte auf, dass das Aneurysma dort noch nicht vorhanden war, sodass von einer Entstehung innerhalb der letzten 5 Jahre auszugehen war. Einen für die Pathogenese bedeutsamen Faktor, wie etwa ein Trauma oder einen chirurgischen Eingriff am Kopf, negierte die Patientin. Sie wurde zur Behandlung in die hiesige neurochirurgische Abteilung aufgenommen. Bei der Aufnahmeuntersuchung fiel ein Ausfall des linken temporalen Gesichtsfeldes auf. Augenmuskelparesen waren nicht vorhanden. Wegen der raumfordernden Wirkung des Prozesses auf den Hirnstamm wurde eine Therapie mit Fortecortin 3-mal 4 mg täglich per os eingeleitet, wodurch die Patientin subjektiv eine Besserung der Doppelbildsymptomatik erlebte, sodass am ehesten ein Kompressionseffekt auf den Hirnstamm als Ursache für die visuellen Störungen anzunehmen war.

Diagnostik

Die in der Neuroradiologie durchgeführte diagnostische Angiographie zeigte am Basilariskopf nahe dem Abgang der A. cerebri posterior einen wenige mm großen breitbasigen durchströmten Aneurysmaanteil. Daneben war schemenhaft der große nichtperfundierte thrombosierte Anteil des 2 cm großen Riesenaneurysmas abzugrenzen. Die Abgänge der A. cerebri posterior und der A. cerebelli superior waren nicht involviert. Die Gefäße waren allgemein elongiert und dilatiert. Wegen des breitbasigen Halses des perfundierten Aneurysmanteils erschien uns der Befund zum Coiling ungeeignet, auch ließ sich das Aneurysma angiographisch nicht gut frei projizieren. Von neurochirurgischer Seite sah man zunächst bzgl. des nichtrupturierten und großenteils thrombosierten Aneurysmas keinen Handlungsbedarf und vereinbarte mit der Patientin eine magnetresonanztomographische Kontrolluntersuchung, um eine potenzielle Revaskularisierung durch Lyse des Thrombus oder ein Wachstum mit der Gefahr der Hirnstammkompression und des hydrozephalen Aufstaus rechtzeitig zu erkennen. In einem solchen Fall wäre die Indikation für einen elektiven chirurgischen Eingriff gegeben.

Kontrolluntersuchungen

Bei der magnetresonanztomographischen Kontrolluntersuchung 6 Wochen später sah man bei subjektiver Beschwerdefreiheit der Patientin eine Größenzunahme des Befundes. Eine angiographische Untersuchung ergab eine teilweise Rekanalisierung des Aneurysmas. Ein Coiling erschien möglich und wurde erfolgreich durchgeführt. Über einen Envoykatheter wurde ein Fas-tracker-Mikrokatheter in das Aneurysma eingeführt. Durch Einbringen eines 6×15-cm-Coils, zweier 5×10-cm-Coils und weiterer kleinerer Coils wurde das perfundierte Lumen komplett verschlossen. Eine Kontrollangiographie in direktem Anschluss an die Intervention zeigte, dass die A. basilaris weiterhin offen war (Abb. 4, 5).

Abb. 4
figure 4

Ein Mikrokatheter wird via linke Vertebralarterie in den Aneurysmahals eingebracht

Abb. 5
figure 5

Vollständig gecoiltes Aneurysma. Regulär perfundierte A. basilaris, A. cerebelli posterior inferior und A. cerebelli superior

Sechs Monate später erfolgte erneut eine Kontrollangiographie. Die Patientin war weiterhin beschwerdefrei gewesen. Neu aufgetretene depressive Episoden wurden auf einen ebenfalls neu aufgetretenen Morbus Parkinson zurückgeführt. Angiographisch wurde erneut eine aneurysmatische Aufweitung im Bereich des ehemals gecoilten Lumens festgestellt (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Die Kontrollangiographie zeigt eine Reperfusion der Aneurysmabasis und Coilkompaktierung

Die Coils waren vermutlich im Kopf des Aneurysmas kompaktiert und es hatte sich ein relativ breiter neuer Hals gebildet. Dieser konnte durch Einbringen mehrerer Coils mit einer maximalen Größe von 6×10 cm verschlossen werden.

Eine Kontrollangiographie ist für dieses Jahr vorgesehen.

Diskussion

Entwicklung von Aneurysmen

Der dargestellte Fall demonstriert das Wachstum und die Entwicklung eines Riesenaneurysmas, seine Entstehung im Basilariskopf einer älteren Person und sein Wachstum auf bis zu 2 cm Durchmesser innerhalb weniger Jahre. Nach wenigen Wochen tritt eine Reperfusion innerhalb des fast vollständig thrombosierten Aneurysmas auf. Der vormals breite Hals verändert seine Form und wird relativ schlank und aufwärts gerichtet, sodass ein Coiling möglich wird. Nach komplettem Verschluss entsteht innerhalb der nächsten 6 Monate erneut ein breiter perfundierter Hals. Auch er kann mit Coils verschlossen werden.

Die Entstehungsbedingungen für das Aneurysma bleiben unklar. Ein adäquates Trauma ist der Patientin nicht erinnerlich. Da alle supraaortalen Gefäße dilatiert und elongiert sind, kann eine allgemeine Wandschwäche der Gefäße als prädisponierender Faktor angenommen werden. Außerdem wäre eine posttraumatische Genese eines Basilariskopfaneurysmas eine Seltenheit. McLaughlin et al. [7] haben einen Fall publiziert, der nach einer Ventrikulostomie des 3. Ventrikels aufgetreten ist. Gewöhnlich treten traumatische Aneurysmen im kavernösen Abschnitt der A. carotis interna und den distalen Segmenten der A. cerebri media auf [3].

Therapieoptionen

Riesenaneurysmen rupturieren in 20–70% der Fälle. Nur in 50% aller Fälle kann durch neurochirurgische Klippung eines Aneurysmas ein zufrieden stellendes Ergebnis erzielt werden [2]. Die Morbiditäts- und Mortalitätsraten durch chirurgische Eingriffe in diesem Gebiet liegen zwischen 28 und 47,4%. Häufig ist jedoch auch durch Coiling nur ein unzureichendes Behandlungsergebnis zu erreichen. Oft ist die Stabilität der eingebrachten Coils mangelhaft, sodass ein 2. Eingriff notwendig wird. Eine Untersuchung von Sluzewski et al. [8] legte dar, dass in 60% von 31 Fällen das Ergebnis nach Coiling nicht zufrieden stellend war und die Aneurysmen erneut gecoilt oder geklippt werden mussten. Klein et al. [5] erzielten in ihrer Behandlungsgruppe von 21 Basilariskopfaneurysmen eine Verschlussrate von 67% durch Coiling. Jedoch trat in 14% der Fälle nach 6 Monaten eine Reperfusion auf. Die nach angiographischen Gesichtspunkten vollständig verschlossenen Aneurysmen weisen zu 50% mikroskopisch nachweisbare kleine Lücken auf, die einer Reperfusion u. U. Vorschub leisten [1].

Sechs Wochen nach dem Coiling wird der Aneurysmaeingang durch eine dünne Endothelschicht bedeckt. Im Verlauf entwickelt sich ein festes Kollagengewebe, welches das Aneurysma als festes Narbengewebe versiegelt [4]. Diese Prozesse laufen in großen Aneurysmen mit breitem Hals so nicht ab [1], sodass Blutpulsationen im Aneurysma zu einer Kompaktierung der Coils und zur Reperfusion führen können [2]. Kompaktierung, Rekonfiguration und Migration sind Faktoren, die das Langzeitergebnis maßgeblich beeinflussen [6]. Mit dem Aspekt der Reperfusion haben sich Vallée et al. [9] eingehend auseinandergesetzt. Nach einer hohen initialen Verschlussrate stellten sie nach 6–12 Monaten unter den 44 von ihnen gecoilten Basilariskopfaneurysmen eine signifikante Verschlechterung der Behandlungsergebnisse durch Reperfusion fest. Sie haben nach Prädiktorvariablen für dieses Phänomen gesucht und als maßgebliche Faktoren die Größe des Aneurysmasackes und die initiale Verschlussrate festgestellt. Die Größe des Aneurysmahalses hingegen beeinflusste die posttherapeutische Reperfusionsrate nicht. Die Halsweite erwies sich lediglich für die initiale Verschlussrate als bedeutsam.

Im dargestellten Fall wird die nächste Angiographie zeigen, ob ein dauerhafter Verschluss erzielt wurde oder nicht.